Im Naturschutzgebiet Gallberg

Im Naturschutzgebiet Gallberg

Das Naturschutzgebiet Gallberg gehört zum Naturraum des Höhenzuges der Giesener Berge, der sich bis zum Hildesheimer Wald erstreckt. Nimmt man es aber jetzt mal ausnahmsweise nicht allzu genau mit den naturräumlichen Einteilungen, gibt es insgesamt sechs Naturschutzgebiete auf dem Gebiet des Höhenzuges von Giesen bis zum Hildesheimer Ortsteil Hildesheimer Wald. Der verbleibende Rest steht ebenfalls unter Landschaftsschutz und/oder ist Bestandteil anderer Naturschutzverordnungen (FFH/Vogelschutz etc.). Die einzelnen Gebiete sind…

  • NSG “Giesener Teiche”
  • NSG “Lange Dreisch und Osterberg”
  • NSG “Mastberg und Innersteaue”
  • NSG “Haseder Busch” (nicht ganz in den Giesener Bergen)
  • NSG “Gallberg”
  • NSG “Finkenberg/Lerchenberg”

Das ist durchaus beeindruckend und es ist auf jeden Fall ein echtes Erlebnis. Denn alle sechs Schutzgebiete sind sehr unterschiedlich, wenngleich die meisten von ihnen mehr oder weniger im Zusammenhang mit einer ehemaligen Hutewirtschaft stehen. Die vier Schutzgebiete nördlich der Bundesstraße 1 hat die Stadt Hildesheim so treffend als Naturerlebnisgebiet “Kleeblatt” zusammengefasst. Für tiefergehende Informationen empfehle ich die umfangreiche und fast 40-seitige, online verfügbare Broschüre der Stadt Hildesheim. Mit etwas Glück bekommt man sie auch in gedruckter Form bei der Stadt Hildesheim, bei der Tourist-Info oder am Info-Pavillon an der Innerste, am Übergang zwischen den Naturschutzgebieten “Mastberg und Innersteaue” und “Haseder Busch”. Für das Naturschutzgebiet “Gallberg” gibt es ebenfalls eine etwas versteckte Broschüre, die man sich hier ansehen und zum Beispiel ausdrucken kann. An mehreren Punkten im Naturschutzgebiet selbst stehen Infotafeln, an denen manchmal auch Exemplare ausliegen.

Anhand der Vielzahl an Fotos auf der Platte konnte ich feststellen, dass wir das Naturschutzgebiet Gallberg zu einem unserer “Beutezentren” auserkoren haben. Gruselig interessant, wie wenige Bilder davon noch verwertbar waren. Nach über 20 Jahren Knipserei sollte man vielleicht doch einmal darüber nachdenken, sich ein wenig mit der Materie zu beschäftigen. Aber das direkte Erlebnis ist doch eigentlich wichtiger. In dem Zusammenhang fällt mir ein Besuch beim Lichterfest Bodenwerder ein, bei dem ich vor etlichen Jahren dermaßen viel fotografiert und gefilmt habe, dass ich vom Feuerwerk selbst gar nichts mitbekommen habe – um dann zu Hause festzustellen, dass die meisten Aufnahmen sowieso nicht viel taugten. Im negativen Sinne zwei Fliegen mit einer Klappe geschlagen. Wer also beim Betrachten der Galerie denkt, dass es im kleinen Gebiet des Gallberg ja eine Vielzahl erstaunlicher Pflanzen gibt, der bedenke, dass wir etliche gar nicht anständig dokumentiert und/oder noch nicht entdeckt haben.

Nachwuchs für die Landschaftspfleger

Nachwuchs für die Landschaftspfleger

Das ist für mich auch das Hauptmerkmal dieses Schutzgebietes. Auf engstem Raum gibt es viele Wege, die eine vielfältige Landschaft eröffnen und in dieser gibt es eine große Fülle an natürlichen Erlebnissen. Gedrängter findet man so etwas in unserem Raum vielleicht nur noch im Teilgebiet Schiefer Holzer Berg des Naturschutzgebietes Trockenslebensräume Sieben Berge, Vorberge. Der Gallberg wurde 1976 unter Schutz gestellt, die aktuelle Größe des geschützten Bereiches beträgt 57 Hektar und umfasst einen in nordsüdlicher Richtung verlaufenden Höhenzug des Muschelkalkes mit flachgründigen und trockenen Böden. Es gibt hier Kalkhalbtrockenrasen, extensiv genutztes Grünland, Kalkscherbenäcker, einen Quellbereich und einen Hangwald, der teilweise mit Eichen und Hainbuchen aufgebaut ist. Hervorgegangen ist das Ganze aus jahrhundertelanger Bewirtschaftung, die auf natürliche Gegebenheiten Rücksicht nahm beziehungsweise nehmen musste. Auf den steilen und trockenen Böden wurde Viehwirtschaft mit “Grasfressern” betrieben, auf den flacheren Kalkscherbenböden extensive Landwirtschaft. Die Wälder dienten zur Beschaffung von Brenn- und Bauholz und zur Mast der kulinarisch etwas anspruchsvolleren Tiere. Dass dieses Gebiet und viele andere unserer Heimat wie durch ein Wunder dem ständigen Bestreben vieler Menschen entgangen ist, aus jedem Quadratzentimeter Boden so viel Geld wie möglich zu pressen, ist ein Wunder, das wir heute (noch) in vollen Zügen genießen dürfen.

Es gab beziehungsweise gibt einen Naturerlebnispfad, von dem allerdings nicht viel übrig sein dürfte, wenngleich wir nicht immer alle Wege hier gehen. Die dazugehörige Broschüre ist allerdings höchst informativ und weist einen Rundweg aus, den ich nicht verbessern kann. Durch die vielen Wege in einem begrenzten Gebiet gibt es kaum eine Möglichkeit für einen Rundweg, bei dem sich nicht ständig die Wege kreuzen. Man kann seine Exkursion natürlich ganz nach Belieben verlängern. Der Wald des Rottsberges hat etliche äußerst wanderbare Wege, bietet vom Waldrand teilweise beeindruckende Aussichten auf die “Rose (Nieder-)Sachsens” und auch das Naturschutzgebiet Finkenberg/Lerchenberg grenzt direkt an den Gallberg an. Der Hauptweg ist der von der Straße “Gallberg” kommende Weg, der mittig durch das Gebiet führt. Im Gebiet und den angrenzenden Bereichen gibt es aber noch etliche kleine Pfade, die auf keiner Karte verzeichnet sind. Bei Zeit und Laune werde ich da wohl auch endlich mal beginnen müssen, mich bei OpenStreetMap einzubringen und Wege nachzutragen.

Schachbrett auf Wiesen-Flockenblume

Schachbrett auf Wiesen-Flockenblume

Über die Vielfalt am Gallberg muss ich nicht viel berichten, weil die Broschüre beredte Auskunft gibt, was es zu entdecken gibt. In einem so kleinen Gebiet wird der interessierte Besucher auf jeden Fall genug zu entdecken haben. Die wunderschönen und “stolzen” Burenziegen und natürlich auch die häufig anzutreffenden Schafe und Kühe sind hier als Landschaftspfleger “bei freier Kost und Logis” unterwegs und gehören immer zu den Highlights des Landschaftsgenusses. An wilden Pflanzen und Tieren bietet der Gallberg für niedersächsische Verhältnisse jede Menge zu Erwartendes und auch Erstaunliches, wie zum Beispiel Grüne Nieswurz, Stattliches Knabenkraut, Schachbrett, Bienenragwurz, Neuntöter, Türkenbundlilie, Fransen-Enzian, Heidegrashüpfer, Acker-Rittersporn, den Silbergrünen Bläuling oder die Echte Betonie. Auch rein kulturhistorisch ist das Gebiet alles andere als uninteressant. Der Name Gallberg deutet schon darauf hin, dass sich hier einst, ebenso wie am noch deutlicher benannten Galgenberg, eine Richtstätte der umliegenden Ortschaften befand. Am Westhang des Gebietes findet man Fundamentreste, die auf Gebäude der früheren Nutzung hindeuten. Bitte nicht betreten, weil sich in den Kellern wohl Unterkünfte für Fledermäuse befinden. Eine arg zerstörte, idyllisch gelegene Gebäuderuine, diente bis in die 1980er als Wohngebäude.

Am Ende noch ein Hinweis in eigener Sache. Bei unserem letzten Besuch sind uns wieder zahlreiche Besucher begegnet, die kreuz und quer durch das Naturschutzgebiet gelaufen sind. Manch einer mag gerne denken, dass er sich mit Pflanzen auskennt und weiß, was er tut und dass ein zertretenes oder gepflücktes Blümchen nichts ausmacht und dass man unbedingt immer alles aus der nächsten Nähe gesehen haben muss und alles fotografiert haben muss. Was soll man dazu sagen? Vielleicht nur, dass der leichteste Weg meistens der Falsche ist.

Das war es also erstmal mit den sechs Naturschutzgebieten in den Giesener Bergen, im Westen Hildesheims gelegen. Auf der alten Site hatte ich es immer vor und habe es nie geschafft, zumindest einen kleinen Beitrag über jedes dieser Gebiete einzustellen. Viel Neues oder Erhellendes habe ich auch nicht präsentieren können und müssen, denn zu den meisten der Schutzgebiete gibt es mittlerweile ausführliche Informationen der Stadt Hildesheim, die sich endlich bewusst ist, dass sie mit herausragender Kultur, aber auch mit ebenso erstaunlicher Natur punkten kann. Ich hoffe, dass ihre Vertreter die sich daraus ergebende Verantwortung auch ernst nehmen und zum Beispiel die Nordumgehung von Himmelsthür nur noch auf dem Papier existiert und nicht in den Köpfen und Herzen derer, die die Geschicke der “Rose an der Innerste” lenken. Wir werden die kulturellen und natürlichen Schätze unserer Heimat nicht ewig erhalten können, denn nichts hält ewig im uns vermeintlich bekannten Universum. Aber wir können aktiv oder passiv mithelfen, dass sie so lange wie möglich erhalten bleiben.

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