In Hildesheim gab es, wie in vielen anderen Städten auch, eine Reihe von Klöstern, Stiften und Hospitälern. Weil die Stadt Bistumszentrum war und ist und viele dem geistlichen Zentrum aus dem einen oder anderen Grund nahe sein wollten, versammelten sich etliche davon im “Speckgürtel” der Domburg. Dazu zählen die Karthaus (Kartäuser), das Godehardikloster (Benediktiner), der Lüchtenhof (Kapuziner), das Martinikloster (Franziskaner), das Pauluskloster (Dominikaner) und das Süsternkloster (Magdalenerinnen). Etwas abgeschiedener liegt das 1125 gegründete Kloster Marienrode, umgeben von Feldern am Rande des Hildesheimer Waldes. Heute quasi “mittendrin”, muss es vor knapp 900 Jahren hier relativ einsam gewesen sein. Die heutige Siedlung Hildesheimer Wald und die Bosch-Werke wurden erst über 800 Jahre später aus dem Boden gestampft, Neuhof im 13. Jahrhundert von den Mönchen aus Marienrode gegründet. Diekholzen und Barienrode waren höchstens Kleindörfer und Hildesheim war noch “hinterm Berg” versteckt. Auch heute noch erkennt man bei einem Besuch die landschaftlich äußerst reizvolle Lage des Klosters.

Kloster Marienrode

Das Kloster Marienrode wurde 1125 von Bischof Berthold I. in Baccenrode als Augustinerkloster gegründet. Später zogen hier auch Augustiner Chorfrauen ein. Nach “sittlichem Verfall” erfolgte 1259 die Umwandlung in ein Zisterzienserkloster und die Umbenennung in Marienrode. 1299 wurde von Marienrode aus der Neuhof gegründet, die Keimzelle des heutigen Stadtteils Hildesheims. 1412 – 1463 folgte der Bau der heutigen Klosterkirche St. Michael. Nach über 500 Jahren zisterziensischem Klosterleben erfolgte 1806 die Säkularisation unter napoleonischer Herrschaft und die Umwandlung in eine Domäne, die ab 1807 mehrfach verpachtet wurde. Nach der Völkerschlacht von Leipzig vergab Georg III. von Hannover das Gut an den Oberforstmeister Carl Baron von Beaulieu-Marconnay, der dann maßgeblich an der Aufforstung des Berghölzchens und des Hildesheimer Waldes beteiligt war. Er war seit 1804 mit Henriette Gräfin von Egloffstein verheiratet, die in Weimar zum Goetheschen Kreis gehörte. Gemeinsam mit den drei Töchtern der Gräfin aus erster Ehe, unterhielten die beiden in Misburg bei Hannover einen literarischen Zirkel im Weimarer Stile. Der Baron starb 1855, die Gräfin 1864. Danach wurde das Kloster mehrfach weiter verpachtet. 1986 zogen die letzten Pächter aus und seit 1988 leben und wirken hier auf Initiative von Bischof Josef Homeyer Benediktinerinnen aus der Abtei St. Hildegard aus Eibingen.
Das Kloster selbst ist von außen komplett zugänglich. Der Klosterladen und die Klosterkirche können zu bestimmten Zeiten besichtigt werden. Zu meiner Schande muss ich ja gestehen, dass St. Michael eine der wenigen Kirchen in Hildesheim ist, die ich noch nicht von innen besichtigt habe. Auf der Website der Benediktinerinnen von Marienrode findet man etliche weiterführende Informationen zum Kloster. So besteht zum Beispiel die Möglichkeit für einen Aufenthalt im Gästehaus und einer mehr oder weniger intensiven Teilnahme am Klosterleben. Sehenswert ist auf dem Klostergelände eigentlich alles. Der schöne Klosterteich, die beiden Kirchen Sankt Michael und Sankt Cosmas und Damian, das Konventsgebäude, der Taubenturm, das Exerzitien- und Gästehaus und einige alte Baumveteranen. Außerhalb des zentralen Hofs, erkundbar z.B. durch den unten aufgeführten, erweiterten Rundgang, findet man weitere interessante Kostbarkeiten. Die Begräbnisstätte der Egloffsteins und das Denkmal für den Baron von Beaulieu-Marconnay, den Lehrbienenstand an der Klostermauer und ein “verwuchertes” Naturdenkmal, bestehend aus zwei alten Linden und einer Elsbeere. Am Ostufer des Klosterteichs noch eine gar nicht so häufig anzutreffende Kostbarkeit: Eine ehemalige Wasser- und eine ehemalige Windmühle in fast direkter Nachbarschaft. Neben der Windmühle befindet sich ein Jugendwanderheim.

Von einigen Bänken am Waldrand nördlich Marienrodes hat man schöne Ausblicke bis ins nahegelegene Innerstetal. Besonders reizvoll ist die Landschaft im Frühling, wenn die Kirschbäume an der Straße nach Neuhof blühen. Von Marienrode aus lassen sich auch bestens Exkursionen in die nahe Umgebung machen, wie zum Beispiel zum Steinberg mit dem Wildgatter. Aber auch ausgedehnte Wanderungen in die nahe oder weite Umgebung sind problemlos möglich, wie zum Beispiel in die Naturschutzgebiete Gallberg und Finkenberg/Lerchenberg oder zum Hildesheimer Aussichtsturm, der anscheinend wieder bewirtschaftet ist. Hier sollte also jeder, der auf irgendeine Art und Weise etwas Ruhe und Abgeschiedenheit von der immer schnelllebigeren und oberflächlich anmutenden Welt um uns herum sucht, auf seine Kosten kommen. Marienrode ist für uns, ähnlich dem Kloster(gut) Riechenberg bei Goslar oder der klösterlichen Gemeinschaft am Röderhof, ein Ort mit besonderer Ausstrahlung. Einer Ausstrahlung, die von einem Ort herrührt, der sich in einer eigentlich nur leicht abgeschiedenen Lage seinen ganz speziellen Charme erhalten hat. Solche Flecken Erde, besonders in unserer erreichbaren Umgebung, zu erleben, zu erfahren und zu erwandern … danach steht uns wohl der Sinn.

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