Den Holzberg entdeckte ich 2011 für uns, als wir anfingen, uns mehr auf Schutzgebiete zu konzentrieren und ich eine Wanderung von Stadtoldendorf über die Ruine Homburg, Lenne, Wangelnstedt und den Waseberg plante. Die Holzbergtour gingen wir dann sogar zuerst und waren von diesem Moment an bis heute “Holzberg-Junkies”. Dass wir bislang “nur” viermal dort waren, ist auch dem Umstand geschuldet, dass wir einige Jahre kein Auto hatten. Jedes Mal gingen wir einen anderen Weg und haben jetzt beim vierten Mal wohl den “besten” Weg für uns gefunden. Einmal gingen wir sogar an der Landstraße 580 von Heinade nach Braak, um den Holzberg mit den Holzbergwiesen zu verbinden. Diese Straße war allerdings so extrem stark befahren, dass wir beschlossen, dass nicht wieder so zu machen. An diesem Tag wurden wir auf dem Weg von Braak zum Holzberg zudem von (glücklicherweise eingezäunten) aufdringlichen Jungbullen verfolgt, fanden aber mitten auf dem Weg so viele Morcheln und auf den Wiesen so viele Herbstzeitlose wie nie zuvor in unserem Leben. Egal welchen Weg ihr nehmt, der Holzberg ist ein Knaller und würde, wenn wir so etwas hätten, zu unseren Lieblings-Wanderungen zählen. Als wir 2023 hier waren, war der gesamte Haupthöhenweg des Holzberges wegen Trockenheit und sterbender Bäume gesperrt beziehungsweise nur auf eigene Gefahr begehbar. Da kein Wind war und einem auch woanders Äste auf den Kopf fallen können, gingen wir ihn trotzdem, weil ohne ihn eine Holzberg-Wanderung keine Holzberg-Wanderung ist. Sehr trocken ist der Wald dort oben und viele Buchen sind dem Wandel der Welt zum Opfer gefallen. Jeder muss also für sich entscheiden, was er tut und was nicht. Jeder Mensch ist schließlich selbst verantwortlich für seine Gesundheit.

Blick zurück nach Linnenkamp

Blick zurück nach Linnenkamp

Oben auf der Passhöhe zwischen Stadtoldendorf und Linnenkamp stehen einige Parkplätze zur Verfügung und dieser Platz mit seiner herrlichen Aussicht ist deshalb immer unser Startpunkt. Von hier aus hat man einen herrlichen Blick zum Holzberg, den Holzbergwiesen, nach Stadtoldendorf und ins Weserbergland. Da wir nicht gleich an der Straße nach Linnenkamp laufen wollten, machten wir einen kurzen Abstecher in die Feldmark östlich der Straße. Das ist auch durchaus lohnenswert, weil sich hier gleich die ersten schönen Aussichten in die Umgebung ergeben. Der Waseberg ist, beziehungsweise war auch einmal ein Hübscher, aber durch das Offroad-Gelände ist davon für Wanderer leider nicht mehr viel übrig geblieben. Der klägliche Rest zählt noch zum Naturschutzgebiet. Wir wandern einmal durch das kleine, hübsche Dörfchen Linnenkamp, das wir nach wenigen Minuten schon wieder auf dem Emmerborner Weg verlassen. Von allen Wegen außerhalb des Waldes ergeben sich immer wieder schöne Aussichten in die freundliche Landschaft um uns herum. Natürlich geraten auch hier immer wieder die dem irren, kotzgrünen Zeitgeist geschuldeten Biotom-Meiler ins Blickfeld. Mag sein, dass viele andere sich daran gewöhnt haben, weil die Natur und Landschaft des Landes, ihrer Heimat, ihnen eh scheißegal ist – ich werde mich nie an diese unnützen Scheißdinger gewöhnen. Ach, es ist auch geil, wenn man langsam kein Blatt mehr vor den Mund nehmen muss. Dies ist halt kein Hochglanz-Wandermagazin mit dümmlich grinsenden Vorzeige-Wanderern und vermeintlichen Wander-Promis, sondern das Tagebuch eines sturmfesten und erdverwachsenen Menschen, der sein Leben lang innerlich frei geblieben ist und der versucht hat, ein menschenwürdiges Leben in Selbstbestimmung zu leben – was immer das auch heißen mag.

Auf tollen Wegen geht es durch Wiesen, Weiden und Felder hinauf und schließlich hinein in den Denkiehäuser Wald, der ein Teilgebiet des Naturschutzgebietes “Holzberg, Denkiehäuser Wald, Heukenberg” ist. Soweit nicht von Wald-Terminatoren verwüstet, handelt es sich um einen tollen, mittlerweile ebenfalls leidenden Buchenmischwald. Oberhalb von Heinade treten wir etwas später schließlich wieder hinaus aus dem Wald. Eine schöne, reich strukturierte Wiesenlandschaft mit verschiedensten Gehölzen erwartet uns. Ein erster Aussichtspunkt beschert uns einen schönen Ausblick in die Umgebung. Besonders auffällig ist der wunderbar strukturierte Heukenberg. Diesen hatten wir vor etlichen Jahren mal extra besucht, weil er mangels vorhandener Wege schwierig zu erwandern ist. Ein Besuch ist jedermann nur zu empfehlen, denn von dem Berg ergeben sich tolle Aussichten ins Umland. Bei unserem Besuch wuchsen hier unter anderem Massenbestände des Stattlichen Knabenkrauts. Ebenfalls wurden wir von einer seltsamerweise zutraulichen Schafherde begleitet, die uns wohl mit jemand anderem verwechselte. Weiter geht es jetzt aber durch die Wiesen, Weiden und Felder am südwestlichen Rand des ebenfalls fantastischen Holzberges. Eine geile Landschaft ist das und es ist durchaus vorstellbar, dass hier zur rechten Zeit Orchideen die Hänge bevölkern. Im Frühling erwarten den Besucher auf jeden Fall viele Obstbäume und Massenbestände an Löwenzahn und Schlüsselblumen. Hier erreichen wir auch den Hauptwanderweg durch das Weserbergland.

NSG Holzberg, Denkiehäuser Wald, Heukenberg

NSG Holzberg, Denkiehäuser Wald, Heukenberg

Das heutige, erweiterte und vielgestaltige Naturschutzgebiet “Holzberg, Denkiehäuser Wald, Heukenberg” mit seinen 810 Hektar Fläche besteht aus drei zusammenhängenden Teilgebieten: Im Norden liegt der Holzberg mit den vorgelagerten Wiesen, südöstlich davon der Denkiehäuser Wald und wiederum südwestlich von diesem befindet sich der Heukenberg. Während der Denkiehäuser Wald fast nur aus den auf Kalkgestein anstehenden Buchenmischwäldern besteht, über die die beiden anderen Teilgebiete auch verfügen, gibt es am Holzberg und auch am Heukenberg noch ausgedehnte Grünlandkomplexe. Besonders die dem Holzberg nördlich vorgelagerten Wiesen sind in diesem Zusammenhang zu nennen. Besonderheiten der Flora in den drei Teilgebieten sind unter anderem zahlreiche Frühblüher, wie der Bärlauch, der Lerchensporn, die Küchenschelle, das Buschwindröschen, das Gelbe Windröschen, die Hohe und die Echte Schlüsselblume. Später kommen Pflanzen hinzu wie das Ausdauernde Silberblatt, das Weiße Waldvöglein, das Stattliche Knabenkraut, das Helm-Knabenkraut, der Wiesensalbei, die Herbstzeitlose, das Sumpfherzblatt, das Breitblättrige Knabenkraut, der Gelbe Frauenschuh oder die Braunrote Stendelwurz. Auch die Fauna hat etliches zu bieten. Heimisch sind hier unter anderem die Wildkatze, der Grauspecht, der Uhu und der Schwarzstorch.

Nach dem Genuss einer besonders weiten Aussicht ins Weserbergland kommen wir zum Einstieg in den bewaldeten Teil des Holzberges. Wie sich das mit den trockenen, toten Bäumen in den nächsten Jahren entwickelt, vermag niemand zu sagen – wenn ihr denkende Wesen seid, lasst euch nur nicht einreden, der Borkenkäfer wäre schuld. Schuld war, ist und bleibt immer der Mensch. Mit “unserem” unbändigen, kindlich-naiven Drang, immer etwas zerstören zu müssen, haben “wir” schon viel Leid über die Schöpfung des Großen Geheimnisses gebracht. Es geht jetzt bis fast zum Ende der Wanderung auf wanderbar schmalen Pfaden. Zuerst müssen wir auf einem besonders schmalen hinauf zur Höhe des Holzberges. Dort erwartet uns im zur rechten Zeit bereits fast die ganze Pracht des Frühlings. Der Bärlauch fühlt sich ebenso wohl hier wie der Hohle Lerchensporn, das Leberblümchen und zahlreiche weitere Pflanzen, später auch einige Orchideenarten. Was war das für ein genialer Weg mit dem Pflanzenreichtum am Boden und den alten, teils knorrigen Buchen am Rand der Felsen! An einigen Stellen hat der Wald allerdings mittlerweile arg gelitten und es stehen nur noch die Skelette der Buchen im Wald. Bei starkem Wind sollte man sich hier oben wahrlich nicht aufhalten. Ich finde es immer wieder erstaunlich, wie gelassen und interesselos diese Waldschäden von den meisten – die wohl selten in den Wald gehen – hingenommen werden. Es sind schon lange nicht mehr nur die Fichten, die hier sterben. Es geht bis hin zu den Bäumen, die mit Trockenheit eigentlich ganz gut zurechtkommen sollten. Hier am Holzberg ist es der Buchenwald, der leidet und stirbt. Die komischen Menschen von heute machen sich mehr Gedanken über belanglose Geschehnisse am anderen Ende der Welt als über die vor der eigenen Haustür.

Panoramablick vom Holzberg

Panoramablick vom Holzberg

Der Höhenweg auf dem Holzberg ist gar nicht so lang, hat aber eine hohe Erlebnisdichte. Solche Wälder findet man in Deutschland nicht allerorts. Hier über Stock und Stein zu wandeln, ist fantastisch. Nach dem Genuss dieses Weges erreichen wir am Waldrand den vor Jahren “herausgeputzten” Rastplatz am Holzberg, an dem sich zur rechten Zeit zahlreiche Frühblüher tummeln. Hier befindet sich neben einer Schutzhütte, einer Liegebank und einer herrlichen Aussicht Richtung Linnenkamp auch eine rekonstruierte optische Telegrafenstation. Diese erinnern mich immer an die Minidisc (MD) in den 1990er Jahren. Diese sollte die gute, alte Kassette ablösen, wurde dann einige Jahre später aber schon von der CD abgelöst. Auch wenn es optische Telegrafie an sich lange gab und immer noch gibt, erging es zumindest der preußischen Telegrafenlinie (1832 – 1849) ähnlich wie den Minidisc. Diese verlief von Koblenz am Rhein hinauf nach Köln und dann relativ direkt in die preußische Hauptstadt Berlin. Sie überbrückte damit eine Luftlinie von 469 Kilometern. Die Zeit, die für ein Telegram von einem Ende zum anderen benötigt wurde, kann man heute nicht mehr exakt nachvollziehen und sie hing von vielen Bedingungen ab wie Tageszeit, Wetter oder Länge der Nachricht. Beispielhaft brauchte am 02. Februar 1840 von Berlin nach Köln gesendetes Telegramm mit 210 Wörtern 13 Stunden. Ein am 17. März 1848 von Köln nach Berlin gesandtes mit 30 Wörtern brauchte lediglich 1,5 Stunden. Am nahegelegenen Burgberg bei Bevern findet sich ebenfalls eine solche Anlage mit entsprechenden Informationen. Eine sehr interessante Geschichte am Ende eines schönen Wandertages. Wir folgen dem Weserwanderweg noch ein paar hundert Meter zurück zu unserem Ausgangspunkt und genießen noch einmal den herrlichen Ausblick ins Weserbergland.

 

Die Buchenwälder Niedersachsens

Ich bin ja bekanntlich Experte für nichts, aber wenn man mittlerweile Jahrzehnte in vielen niedersächsischen Wäldern wandern war, lernt man einiges dazu. Dass ein Großteil unserer Wälder einst von der Buche dominiert wurde, es sich aber fast immer um Mischwälder handelte, in denen auch unter anderem Eichen, Hainbuchen, Linden, Kirschen, Fichten, Eschen, Ulmen und Kiefern vorkamen, weiß fast jeder, der noch einen halbwegs brauchbaren Schulunterricht “genießen” durfte. Im Mittelalter stieg der Holzbedarf stark an, (fast) alle schönen Mischwälder wurden abgeholzt. Nachdem dies geschehen war, wurde notfallmäßig mit der schnell wachsenden Fichte aufgeforstet. Besonders in ehemaligen Bergbaugebieten, wie dem Harz, Solling oder Hils, wurde die Fichte übermächtig. Heute hat sich der Mensch mit diesem “bequemen” Baum und dem daraus resultierenden schnellen Profit arrangiert. Reine Buchenmischwälder im großen Stil findet man in ganz Deutschland nicht mehr allzu häufig. Seht euch auf dem Satellitenbild die Wälder Niedersachsens an. Tolles Beispiel: Ith und Hils. Der Ith ist steil und unzugänglich und dort hat sich ein Laubmischwaldanteil von über 95 % erhalten. Wohl auch, weil es nach sehr, sehr langem Sträuben und Weigern der privaten Holzmafia gelang, ihn komplett unter Naturschutz zu stellen. Was für ein herrlicher Wald. Im Hils gab es Bergbau und dort dominierte die Fichte, bis das Große Geheimnis vor einigen Jahren den Menschenkindern auf die Finger schlug und ihrem Tun Einhalt gebot. Im Ith gehen wir immer wieder gerne wandern, im Hils so gut wie nie. Falls ihr in Südniedersachsen schöne Buchenmischwälder erleben möchtet, seien euch der Ith, der Höhenzug vom Thüster Berg bis zum Selter und auf der anderen Seite Alfelds, die Sieben Berge und der Sackwald empfohlen. Nur mit der Qualität der Wege hapert es manchmal und die Trockenheit der letzten Jahre tut den teils steilen Schlucht- und Hangwäldern nicht gut.

Am Ende eines Tages...

Viermal waren wir hier am Holzberg bislang wandern. Das klingt nicht viel in einem Zeitraum von 12 Jahren, aber wenn man bedenkt, dass wir von Hildesheim aus zu Tagestouren in sechs Bundesländer aufbrechen und immer wieder neue Gegenden erkunden, ist es doch eine ganze Menge und zeigt, wie sehr wir den fantastischen Holzberg wertschätzen. Vielleicht kennt ihr das auch. Ihr geht auffällig oft an einer bestimmten Stelle wandern, ohne genau sagen zu können, warum und obwohl es viele Dutzend Wanderungen gibt, die ebenso schön sind. Zu diesen Stellen gehört der Holzberg und wenn ihr hier wart, wird es euch vielleicht ebenso ergehen.

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