Rheinsteig? Bestimmt wunderbar wanderbar! Wer aber mal fast direkt an einem Fluss gehen möchte, den man nicht nur aus der Ferne zu Gesicht bekommt und in den man bei Bedarf sogar mal seine müden Treter stecken kann, dem sei das muntere, im Harz bei Clausthal-Zellerfeld geborene “Flüsschen” Innerste wärmstens empfohlen. Burgen gibt es hier übrigens auch, allerdings meistens aus der Ferne und mit einer etwas mehr Zurückhaltung übenden Silhouette. Für uns ist der Abschnitt zwischen Hildesheim und Derneburg immer wieder wanderbar. Das liegt aber auch daran, dass wir in der Nähe des Ostbahnhofs leben und es von dort aus halt nur ein Katzensprung zu den gleich recht naturnah gelegenen Bahnhöfen Groß Düngen und Derneburg ist. Wem die 21 Kilometer der Tour einfach zu viel sind, der kann deshalb auch problemlos zwei Touren daraus machen, indem er Groß Düngen als Zwischenstation nutzt. Parkmöglichkeiten gibt es auch dort in ausreichender Anzahl. Mit ein wenig Arbeit kann man sich dann auch zwei Rundtouren daraus basteln. Beizeiten stelle ich mögliche Alternativen vielleicht auch noch ein. Zum Thema Hochwasser-Bilder! Ich mag Naturschauspiele aller Art und zu denen zählt für mich auch das Hochwasser der Innerste 2017, das dritte in 10 Jahren und wohl das Erste, das die historische Marke von 7 Metern am Pegel Heinde überschritten hat. Ich wollte eigentlich einen eigenen Beitrag dazu machen, aber das erschien mir dann doch etwas zu knifflig und vermeintlich reißerisch. Da mir aber sowieso peinlicherweise Bilder von der Marienburg und anderen Orten fehlten, habe ich einige Bilder eingebaut, die das Ausmaß des Naturphänomens zeigen, an denen aber niemand Anstoß nehmen sollte.

Am Kehrwiederturm

Am Kehrwiederturm

Los geht es am Ostbahnhof der UNESCO-Welterbestätte Hildesheim und wir folgen gleich den Pfaden der von mir bereitgestellten Stadtwanderung, die natürlich nur ein ausgedehnter Stadtrundgang ist. Wir gehen also an der Sedanallee vorbei zum Kehrwiederwall und folgen diesem bis zum sogenannten Schwanenhäuschen. Weil heute 21 Kilometer anstehen, nur ein kurzer Überblick über das, was man von hier “oben” von der Neustadt, zum Ende hin von der Altstadt zu Gesicht bekommt. Als erstes erwartet uns die rückwärtige Ansicht der ehemaligen Großvogtei und der ehemaligen Dompropstei, die beide noch heute deutlich davon zeugen, dass hier dereinst wichtige Geschäfte getätigt wurden. Vom Wall aus hat man bis zum Kehrwiederturm immer wieder herrliche Aussichten ins Zentrum der Neustadt, zur Lambertikirche und in die Gärten der Keßlerstraße, in der heute wohl keine Kesselflicker mehr ihrem Handwerk nachgehen. Am Kehrwiederturm, am “Kehr in der Wehr”, lässt man uns unbehelligt passieren, sofern wir nicht im niedlichen “Kafenion” jenseits des Turms einzukehren gedenken. Eine der vielen “schönsten” Flecken der Stadt, mit Blick auf den Lappenberg, St. Godehard und andere hohe Bauwerke der Stadt, bei denen es sich in Hildesheim glücklicherweise hauptsächlich um Kirchen handelt. Über die Bastion hinweg gehen wir am ehemaligen Godhardikloster vorbei, in dem sich heute eine Rechtspflegeschule und eine Justizvollzugsanstalt für Frauen befinden. Ein Blick noch auf das als Törwächterhaus erbaute “Schwanenhäuschen”, hinter dem am Kalenberger Graben wohl heute keine Schwäne mehr nisten. Dafür gibt es Kaffee und Kuchen und mehr im Café “Viva“.

Links geht es in den Ernst-Ehrlicher-Park, einst Klostergarten und später dann Landschaftsgarten. Heute ein kleiner, aber feiner Bürgerpark mit Teichen und Bänken und Spielplatz und allem, was das Herz begehrt. Am Haus des Gärtners der Familie Dyes vorbei, die den Garten in einen Park im englischen Stil umwandeln ließ, geht es durch das Grün, dann über die kleine Brücke zur Freiflut an der Innerste. Dahinter suchen wir uns einen von drei Wegen aus, die zum Hohnsen führen. Hier hat man einen guten Einblick in die Gärten der Häuser, die am ehemaligen Weinberg des ehemaligen Klosters errichtet wurden. Am Hohnsensee, benannt nach einem wüst gefallenen Ort Hohnsen, überqueren wir die Innerste auf der Hohnsenbrücke. Hinter der geht es gleich wieder rechts in den Wald und damit in den Lönsbruch, der Teil des Landschaftsschutzgebietes … puh … “Innersteniederung südlich Hildesheim einschließlich des Lönsbruchs” ist. Auf den oberflächlichen Blick ein entweder überschwemmter oder vollkommen verkrauteter, nicht sehr aufgeräumter Wald. Als “Erholungswald” eingestuft, finden sich hier gefährdete Arten der Auwald-Flora und Fauna. Einen der Wege durch den Bruch oder den direkt an der Innerste suchen wir uns aus … alle toll. Am Knick in der Innerste kann man den “Überlauf” erkennen, an dem bei Hochwasser die Fluten optimalerweise an der Stadt vorbei geführt werden, um hinter der Bischofsmühle wieder in die Innerste zu fließen. Da muss man an dieser Stelle auch mal den Altvorderen danken, die diesen wohl recht genialen Gedanken hatten. Denn trotz aller Schäden, die immer wieder vom Wasser in Hildesheim verursacht werden, kommt die Stadt im Gegensatz zu vielen kleineren “Anrainern” der grundsätzlich eigentlich schönen und freundlichen Innerste, bisher immer sehr glimpflich davon. Hinter dem Beginn des Überlaufs erreichen wir auf schmalem Pfad die Eisenbahnbrücke über die Innerste und dahinter dann das NSG “Am roten Steine“.

Naturschutzgebiet Am Roten Steine

Naturschutzgebiet Am Roten Steine

Das 30ha große Gebiet des “Rothen Steins”, wurde 1986 als NSG “Am roten Steine” ausgewiesen. Seinen Namen hat es wohl von den rötlichen Gesteinsschichten des Jura, die hier teilweise anliegen. Eine vielfältige Landschaft prägt das Gebiet, in dem die kleine Beuster, im Hildesheimer Wald entspringend, in die große Schwester Innerste mündet. Westlich der Innerste, befindet sich ein urwaldartiger und undurchdringlicher Weichholzauenwald, der von zahlreichen Weiden-Veteranen geprägt wird. Dahinter erstreckt sich in unregelmäßigen Abständen überflutetes Grünland mit feuchten Uferstaudenfluren, das bis zur Marienburg reicht. Auf der östlichen Uferseite, zieht sich der steil ansteigende “Rothe Stein”, mit den nicht mehr erreichbaren oder nicht mehr vorhandenen Zwergenlöchern, und seinen charakteristischen Halbtrockenrasen. Flora und Fauna im Naturschutzgebiet haben etliches zu bieten, darunter auch 11 Arten der Roten Liste. In großen Beständen, wächst auf den Halbtrockenhängen, der in Norddeutschland nur selten vorkommende und prächtige Deutsche Ziest.

Ein schmaler werdender Dschungelpfad führt uns durch den “Zwergentunnel” direkt an das Ufer der Innerste. Ein spannender Weg mit schönen Einblicken in den Weichholzauen(ur)wald auf der anderen Uferseite, linker Hand der steil ansteigende Rote Stein. Durch eines der drei Tore, die dafür sorgen, dass die “unfreiwilligen Bewohner” und “unbezahlten Landschaftspfleger” des Roten Steines nicht ausbüxen können, treten wir hinaus auf die Wiesen. Die gechillt-freundlichen und manchmal neugierig-anhänglichen Pferde sorgen auch dafür, dass bei feuchtem Wetter die Wege teilweise nahezu unpassierbar sind. Festes Schuhwerk ist also eigentlich Pflicht. Auf einem der schmalen Wiesenwege kämpfen wir uns den an dieser Stelle steilsten Hang hinauf, um eine fabelhafte Aussicht zu genießen. Links die Marienburg und die dahinter erkennbaren Höhenzüge um Bad Salzdetfurth (ich hab’s richtig geschrieben!), daneben die Hänge des Roten Steins und das Innerstetal, das vom Hildesheimer Wald begrenzt wird. Dieser Ort ist, mit einer reichhaltigen Flora und Fauna ausgestattet und den massiven Beständen des Deutschen Ziest, den Pferden und Schafen, ein herrliches Fleckchen Heimaterde und zu jeder Jahreszeit einen Besuch wert.

Domäne Marienburg (Hochwasser 2017)

Domäne Marienburg (Hochwasser 2017)

Vor dem zweiten, internen Tor des Gebietes liegt linker Hand ein Kerbtal, das meine Freundin immer als Arschkerbe bezeichnet. Um die weit hinter uns liegenden, “verschollenen” Zwergenlöcher und das kleine Kerbtal ranken sich einige Sagen und Märchen. An dieser Stelle z.B. soll der Schaperjohann seinen Schatz vergraben haben. Aber um in dem mittlerweile vollkommen zugewachsenen Tal danach zu suchen, haben wir keine Zeit und mit allem Gold der Welt können wir uns nicht die Eindrücke des heutigen Tages erkaufen. Durch das südliche Törchen verlassen wir das Naturschutzgebiet und wenden uns der Marienburg zu. An den schön gelegenen Hang-Häusern des Tossumer Weges entlang erreichen wir, neben uns mündet die zumeist kleine Beuster in die Innerste, die Scharfe Ecke, an der das Landgasthaus “Scharfe Ecke” zur Einkehr einlädt. Rechts entlang geht es auf der Beusterstraße zur ehemaligen Zwing- und Wasserburg Marienburg. Ich lebe seit über 20 Jahren in Hildesheim, war gefühlt hunderte Male hier, und habe es noch nicht geschafft, diese Burg zu betreten oder aus der Nähe zu fotografieren. Schande!

Letztes Mal kam mir das Hochwasser in die Quere, das im Juli das gesamte Gelände der ehemaligen Burg und Domäne überflutete und einen Millionenschaden an den Gebäuden anrichtete, die von der Uni Hildesheim genutzt werden. Aber ein spannendes und sehenswertes Ensemble, das wir durch eine schattige Lindenallee betreten, ist das ohne Zweifel. Seit einigen Jahren hat der mittlerweile stark frequentierte Ort mit dem Hofcafé “Domäne Marienburg”, auch eine schöne Einkehrmöglichkeit bekommen. Schon ein wenig Ironie des Schicksals, dass die von den Bischöfen Heinrich II. von Wohldenberg, und Heinrich III. von Braunschweig-Lüneburg errichteten Zwingburgen Steuerwald (“Steuere die Gewalt”) und Marienburg, die als Schutz und Trutz gegen die aufbegehrende Bürgerschaft dienten, diesen heute als so schöne “Naherholungsziele” dienlich sind. Nach ausgiebigem Stöbern auf dem historischen Gelände und der letzten bekannten Möglichkeit des Tages, irgendwo am Wegesrand einzukehren, geht es jetzt letztendlich hinaus ins Tal der Innerste.

Die Wasserburg Marienburg

Die Wasserburg Marienburg

  • 1346-1349 Errichtung der Burg als Wasserburg durch Bischof Heinrich III. von Braunschweig-Lüneburg. Sie kontrollierte als Trutz- und Zwingburg gegen die aufbegehrende Bürgerschaft der Stadt Hildesheim, die hier verlaufenden Handelswege. Nach dem Tode Heinrichs III., mehrfache Verpfändung der Burg
  • 1625/1626 Belagerung durch dänische Truppen im Dreißigjährigen Krieg
  • 1632 Eroberung durch schwedische Truppen und teilweise Zerstörung
  • 1643-1663 Rückgabe an das Domkapitel und Erneuerung im Fachwerkstil
  • 1806 Umwandlung in eine Staatsdomäne und Benennung in Domäne Marienburg
  • 1913 Carl Graf pachtet die Domäne und errichtet einen Gemüseanbaubetrieb
  • 1945-1949 Einrichtung einer Konserven- und Eisfabrik durch Helmut Graf
  • 1974 Gründung der MUKU Eiskrem Helmut Graf & Co.
  • 1992 Schließung der Eisfabrik und Verkauf an die Familie Schöller
  • 1993 Vermietung erster Räumlichkeiten an die Universität Hildesheim
  • 2003 Der gesamte Standort gehört zum Vermögen der Stiftung Universität Hildesheim

Wir verlassen das Burggelände und wenden uns zur Innerste. An der Brücke kann man rechts davor gehen oder links dahinter. Rechts geht es auf schmalem Pfad nach Egenstedt, das sich im “unteren” Teil seinen dörflichen Charakter schön bewahrt hat, dann weiter bis zur Kläranlage Groß Düngen und zur Laves-Brücke. Beide Wege haben ihre Vor- und Nachteile. Wir entscheiden uns meistens trotzdem für die lange Gerade am Louisgraben. Hier muss man nicht auf dem Damm gehen, sondern kann auch den parallel laufenden Weg auf der Wiese nehmen, wenn die nicht völlig verkrautet oder zu nass ist. Eine kleine “Durststrecke”, aber auch nett durch “Aussichten” zur Marienburg, nach Alt-Itzum und ins Innerstetal. Gegen Ende hin, hinter der kleinen Steinbrücke nach Itzum, wird es mit alten Pappeln am Graben auch wieder sehr nett. Und es wird noch netter. An der schönen Laves-Brücke ist auf der anderen Seite der Innerste, direkt am meistens geruchsarmen Klärwerk, ein schöner Rastplatz, von denen es hier leider nicht allzu viele gibt. Hinter der Brücke, die an Stelle einer Mitte des 20. Jahrhunderts weggespülten Brücke im Jahr 2005 zu Ehren des Baumeisters Georg Ludwig Friedrich Laves errichtet wurde, beginnt jetzt einer der schönsten Abschnitte des Tages.

Parkähnliche Landschaft an der Innerste

Parkähnliche Landschaft an der Innerste

Unterhalb des ehemaligen Rittergutes Walshausen geht es auf schmalem Pfad am hohen Ufer der Innerste entlang. An einigen Stellen ist der Weg oft verkrautet, die Brombeersträucher erfordern entschleunigtes Gehen. Wie lange es den Weg noch geben mag, wenn die Innerste sich jedes Jahr ein paar Zentimeter “abbeißt”, das steht in den Sternen. Raus kommen wir direkt am Ende des Gutsparks Walshausen, der nur freitags besichtigt werden sollte und von hier unten theoretisch nicht erreichbar ist. Ein Gang durch den kleinen Park mit altem Baumbestand und der von Baumeister Laves errichteten Villa lohnt sich auf jeden Fall. An den Innersteterassen geht es für uns weiter. Im Frühjahr gibt es hier zahlreiche Frühblüher wie den Lerchensporn und die Rote Pestwurz. Der Weg wird etwas breiter und führt uns am für die Region Hildesheim so wichtigen Pegel Heinde vorbei. Der mittlere Wasserstand der Innerste liegt hier bei 2,42 Meter, am 26.07.2017 lag er beim neuen Rekord von 7,14 Meter. Noch heute, über zwei Wochen später, steht jede Menge Wasser auf den Feldern, die vom ansonsten zahmen Flüsschen überflutet wurden.

An der Innerstebrücke, an der auch das NSG “Mittleres Innerstetal mit Kanstein” beginnt, betreten wir schließlich Heinde und wenden uns an der ersten Abzweigung rechts. Möglichst wenig weglassen, möglichst viel mitnehmen, dabei nicht das Zentrum der Tour, die Innerste, vergessen. So habe ich den Weg gewählt, den natürlich jeder seinen Interessen anpassen kann. Wir folgen der Straße, vorbei am Park des ehemaligen Ritterguts, zur erstmals 1456 erwähnten Heinder Wassermühle. Der heutige Komplex ist von 1881 und wurde nach der Aufgabe der Mühlentätigkeit zu Wohnzwecken ausgebaut. Ein idyllisches Fleckchen, das wir durchwandern dürfen, um am Mühlenwehr an die Innerste zurückzukehren. Ein kurzer Abstecher am Freistrang entlang, durch eine parkähnlich anmutende Auenlandschaft, dann kehren wir über eine weitere Brücke ans nördliche Ufer zurück. Da geht es aber gleich wieder weg vom Fluss, um über den schnuffligen Schlangenpfad zur historischen Lindenallee hinaufzuklettern.

NSG Mittleres Innerstetal mit Kanstein

NSG Mittleres Innerstetal mit Kanstein

Das 563ha große NSG “Mittleres Innerstetal mit Kanstein”, das seit 2008 ausgewiesen ist, erstreckt sich vom nordöstlichen Rand Langelsheims, bis zur Innerstebrücke bei Heinde. Zusammen mit den Naturschutzgebieten “Mastberg mit Innersteaue” und “Haseder Busch”, ist der Fluss auf gut der Hälfte seiner insgesamt knapp 100 km Länge, als Naturschutzgebiet ausgewiesen. Unter Schutz steht hier ein naturnaher, dynamischer Berglandfluss mit seinen typischen Abbruchkanten, Prall- und Gleitufern. Mehrere Auwald-Fragmente, ausgedehnte Uferstaudenfluren, Flussschotter-Magerrasen und viele, kleine Nebenteiche und Gewässer, prägen sein vielfältiges Erscheinungsbild. Als markante Punkte sind z.B. zu nennen: Der Kanstein bei Langelsheim, die Schlackenhalde bei Bredelem, die Klärteiche bei Baddeckenstedt und die Fischteiche bei Derneburg. Die teils schwermetallbelastete und sauerstoffreiche Innerste, beherbergt in ihren verschiedenen Flussabschnitten, eine großartige und artenreiche Fauna und Flora. Auf den Schwermetallrasen wachsen z.B. Hallers Grasnelke, Hallers Schaumkraut und das Dreifarbige Stiefmütterchen. An den Gewässern leben z.B. Eisvogel, Schwarzstorch, Mittelsäger und die Wasseramsel.

Das ist zu jeder Jahreszeit ein echter Hingucker. Die Lindenallee Heinde, vor einigen Jahren wieder mal bestens “saniert”, wurde vom im Rittergut Heinde ansässigen Karl Graf von Wallmoden (1793-1883) als Teil des Gutslandschaftsparks angelegt. Ein schattiger Kirchweg auch für die Listringer, als diese noch keine eigene Kirche hatten. Heute ein herausragender Bestandteil dieser schönen Gegend bei Heinde und alleine schon einen Besuch wert. In Reih und Glied stehen ca. 670 alte und neu gepflanzte Bäume auf knapp einem Kilometer, bis die Allee hinter der kleinen Schutzhütte “mitten im Feld” endet. Vor einigen Jahren sollte die Allee nach Listringen verlängert werden, die Listringer entschieden sich dagegen. So gehen wir an der Schutzhütte dann doch lieber den Soldatenweg hinab, der uns jetzt wirklich wieder zur Innerste bringt, die wir bis nach Derneburg auch nicht mehr im Stich lassen. Vorbei an einem naturnahen Klärteich erreichen wir die Innerstebrücke zwischen Hockeln und Listringen, an der wegen der schönen Park- und Spaziermöglichkeiten fast immer was los ist. Über den “Stahlrahmen”, der … ja, wem eigentlich? … zeigen soll, wo es etwas Schönes gibt, kann man denken, was man will. Ich hätte mir da lieber einen Pausenplatz gewünscht oder eine Verbesserung des nicht nur langsam wieder in die Jahre gekommenen Wanderwegenetzes.

Am Gut Astenbeck

Am Gut Astenbeck

Denn das schöne Bad Salzdetfurth hat(te) in dieser Hinsicht einiges zu bieten. Hinter der Brücke ist der rechte Uferbereich der Innerste etwas weiter hinten gesperrt und sollte deshalb bitte auch nicht begangen werden, gerade nicht von frei laufenden Hunden. Der linke Uferweg ist genauso schön und hier stören wir keine ruhe bedürftigen Uferbewohner. Jetzt folgt bis Derneburg ein naturnaher Abschnitt der Innerste ohne große Ablenkungen durch “Sehenswürdigkeiten”. Hier kann man einfach den wunderbaren Graspfad genießen, der sich immer ufernah an der Innerste entlangzieht. Links von uns ist ein kleiner Deich, der den Blick vor der Feldmark gut abschirmt, rechts die Innerste mit ihren Auen und dahinter die Höhenzüge des Innersteberglandes. Als wir das erste Mal zu Fuß hier waren, letztes Jahr erst, hätte ich gedacht, der Weg könne auf Dauer etwas langweilig werden. Weit gefehlt wieder mal. Wer den Blick durch die Landschaft schweifen lässt und zur rechten Zeit hier ist, kann jede Menge erleben.

Dreifarbiges Stiefmütterchen, Wilder Thymian, Nacht- und Königskerzen, Wicken und Winden, Mohn, Flutender Hahnenfuß, Wilde Möhre, Grasnelken, darunter auch Hallers, Gräser so weit das Auge reicht und vieles mehr erwartet den Wanderer mit offenem Auge. Auch die Fauna hat etliches zu bieten, vielleicht auch mal einen Blick auf den meistens schemenhaft vorbeihuschenden Eisvogel. Teils mächtige alte Weiden, Pappeln, Schwarzerlen und mehr säumen den Fluss an vielen Stellen, ohne uns je den Blick zu verstellen. Bei Heersum überqueren wir die Straße und folgen dem Weg weiter zum Gut Astenbeck, von dieser Seite idyllisch an einem Teich gelegen. Das 826 erstmals erwähnte Astenbeck ist nachgewiesen eine der ältesten Siedlungen Niedersachsens, ganz im Gegensatz zum übergeordneten Derneburg, dessen Siedlung erst in den 1960er Jahren entstand. Die regional bekannte Brennerei Astenbeck ist mittlerweile auch Geschichte geworden. Den nun folgenden Abschnitt bis zur nächsten Brücke kennen wir gar nicht, was sich hoffentlich bald ändert, aber er existiert … und dürfte durchaus gut wanderbar sein. An der Brücke unterhalb des Campingplatzes wechseln wir noch einmal das Ufer, folgen der Innerste noch ein paar hundert Meter und gehen dann hinüber zum nahegelegenen Bahnhof Derneburg.

Am Ende eines Tages...

Ich muss noch einmal betonen, dass es sein kann, dass ich im Laufe der Jahre anspruchsloser geworden bin oder dass ich ein etwas kurioser “Wanderer” bin … aber glücklicherweise habe ich meine Freundin, mit der ich mir, zumindest was das Wandern angeht, zu sagen wir mal 99 % einig bin. Früher waren es dreißig Kilometer auf egal was für Wegen zu drei bis vier “Großsehenswürdigkeiten”. Die Erinnerungen daran verblassen immer mehr. Heute reicht meistens, außer wir wollen einfach endlos so weiterlaufen, die entschleunigte Hälfte, ein bisschen freundliches Wetter und die ein oder andere natürliche Begegnung, um unsere Herzen höher schlagen zu lassen. Einfach um uns für ein paar Stunden der wundervollen und unendlich schönen Schöpfung, der Natur und Kultur unserer Heimat ein wenig näher zu fühlen. Das Alter(n) bringt also definitiv mehr als nur Nachteile mit sich. Aber das merkt man wohl, wie alles andere im Leben, erst wenn es letztendlich so weit ist…

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